Seit acht Jahren arbeitet Andreas Wilhelm als katholischer Seelsorger im Europa-Park. Unter dem Motto Kirche im Park versucht er zusammen mit seinem evangelischen Kollegen Martin Lampeitl über Ausstellungen und Aktionen geistliche Impulse zu setzen. Warum vor allem Trauerbewältigung und Hochzeiten gut bei den Parkbesuchern ankommen, hat er BZ-Redakteur Martin Herceg im Gespräch verraten.
BZ: Herr Wilhelm, warum braucht eine so weltliche Einrichtung, wie ein Freizeitpark die Kirche?
Wilhelm: Es kommen ja unglaublich viele Menschen, aller Altersgruppen und Herkunft als Besucher in den Park. Diese haben natürlich die unterschiedlichsten Bedürfnisse und Wünsche, unter anderem auch den Wunsch ihr Eheversprechen zu erneuern, zu heiraten oder ihre Kinder taufen zu lassen. Diese Wünsche können wir erfüllen.
BZ: Achterbahnfahren, gutes Essen und danach Heiraten. Stellt Ihre Arbeit also eine von vielen Dienstleistungen des Parks da?
Wilhelm: Nein, das ist nicht alles. Wir unterstützen mit unserer Arbeit im Park auch Pfarrgemeinden aus den Seelsorgeeinheiten außerhalb, indem sie die gute Infrastruktur des Parks nutzen können, zum Beispiel für Workshops und Tagungen. Ich würde sagen, es ist ein gegenseitiges Profitieren.
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BZ: Können Sie ein Beispiel für das gegenseitige Profitieren geben?
Wilhelm: Ja klar. Für die bevorstehenden Krippenspiele in den Gemeinden haben wir einen Workshop in Zusammenarbeit mit Park-Künstlern und Schauspielern veranstaltet. Diese haben dann Tipps für Bühnenbild, Beleuchtung und Schauspiel gegeben. Davon profitieren die Gemeinden. Außerdem haben wir im Jahr über 60 Gruppen, die sich an uns wenden, um den Park als Interaktionsfläche zu nutzen.
BZ: Was ist denn eine typische Interaktion, die Sie betreuen?
Wilhelm: In Zusammenhang mit der Uni Freiburg haben wir einen Spurenweg entworfen, der Menschen zusammenführen soll. Damit wollen wir ganz gezielt trauernden und einsamen Menschen helfen.
BZ: Verstehe ich Sie richtig: Sie laden Menschen in einen Freizeitpark ein, um dort zu trauern?
Wilhelm: Ja (lacht). Ein Ort, an dem alle Menschen lustig sind, mag zwar unpassend wirken, aber es hat sich herausgestellt, dass sich trauernde und einsame Menschen in der Atmosphäre, die der Europa-Park bietet, öffnen, und dass sie realisieren – wir sind nicht alleine. Oft wenden sich Bestattungsunternehmen aus der Region an mich, die eine Gruppe von Menschen im Blick haben, welche sonst vereinsamen würden.
BZ: Könnten Sie ihre Arbeit, die Ausstellungen und Aktionen nicht auch irgendwo anders machen? Warum ausgerechnet der Europa-Park?
Wilhelm: Der Park ist für meine Arbeit eine Art Instrument. Wir haben es täglich mit Menschen zu tun, die sich in einer Ferienerfahrung befinden und dadurch viel offener und entspannter sind. Nach dem Eintritt in den Park wird der Besucher Teil einer großen Gruppe, soziale Unterschiede sind nicht mehr so stark zu spüren. So kommt man viel einfacher miteinander ins Gespräch. Diese emotionale Ansprache, die der Park bietet, ergänzt sich also prima mit meiner Seelsorgearbeit.
BZ: Kommen wir zum Thema Heirat. In den vergangenen Jahren hat der Park einen wahren Trauungsboom erlebt. Warum sind so viele Menschen heiß darauf, im Park zu heiraten?
Wilhelm: Es gibt Brautpaare aus ganz Europa, die bewusst hier her kommen, um zu heiraten, weil sie so nationalen Konflikten aus dem Weg gehen können. Kommt zum Beispiel der Mann aus Italien und die Frau aus Frankreich, können sie im Park quasi in beiden Ländern feiern. Außerdem gehen wir sehr persönlich auf die Wünsche der Paare für die Feier ein.
BZ: Ist eine Hochzeit im Park teurer als außerhalb?
Wilhelm: Für die Trauung an sich wird keine Gebühr erhoben. Für den Rest der Feierlichkeiten, samt Essen, Musik und Service, zahlt man im Park auch nicht viel mehr als außerhalb, aber das hängt auch immer davon ab, welche zusätzlichen Arrangements gebucht werden. Nach oben gibt es da fast keine Grenzen.
BZ: Gehen Sie jetzt in der Vorweihnachtszeit anders an die Arbeit?
Wilhelm: Nein, eigentlich nicht. Wichtig ist uns, dass wir weder bedrängen noch vereinnahmen. Das ist unsere Grundlinie. Deshalb sind auch unsere Impulse im Advent abseits des großen Trubels gelegen. Wir wollen entdeckt werden.
![Bild](http://ais.badische-zeitung.de/piece/04/a6/69/e8/78014952-p-590_450.jpg)
Quelle: http://www.badische-zeitung.de/rust/was ... 09668.html
LG
euromir